Im Januar hat Geschäftsführer Andreas Bettray davon gesprochen, dass der Fährgesellschaft wegen der Corona-Pandemie geholfen werden muss. Jetzt zeichnet sich ab: Die Unterstützung wird nicht kommen.

Weil die Zahl der Pendler wegen der Pandemie massiv eingebrochen ist, hat Andreas Bettray im Januar erklärt, was bisher kein Geschäftsführer der Fährgesellschaft Bremen-Stedingen erklärte: dass es ohne finanzielle Hilfe nicht mehr lange geht. Doch anders als andere Firmen in der Corona-Krise hat das Unternehmen nach jetzigem Stand keine Unterstützung zu erwarten. Weder vom Land Bremen noch vom Landkreis Wesermarsch. Nach Informationen dieser Zeitung haben das jetzt beide Gesellschafter auf einer Aufsichtsratssitzung deutlich gemacht.
Dass Bettray Anfang des Jahres ankündigte, der Verkehrsbetrieb kann ohne Zuschüsse künftig nicht auskommen und auf keinen Fall so weitermachen wie bisher, galt als Novum: Kein Geld von Dritten – nach Angaben des Fährchefs war das bislang so etwas wie ein ungeschriebenes Gesetz bei der Gesellschaft. Immer hatte es am Ende eines Geschäftsjahres ein Plus gegeben. Jetzt gab es ein Minus. Bettray sprach im Januar von Mindereinnahmen in Höhe von 1,2 Millionen und einem Defizit von einer halben Millionen Euro.
Fährbetrieb reagiert auf Misere: Einschnitte im Fahrplan
Und davon, dass er gegengesteuert hat und weiterhin gegensteuern wird. Sieben Sonderfahrpläne wegen der Pandemie und ihrer Folgen hat es allein im Vorjahr gegeben. Mal reduzierte der Fährchef die Zahl der Schiffe, mal verlangsamte er den Takt, in dem sie fahren. Oder er stellte vorübergehend den Betrieb auf einer Route in der Nacht ein. Zuletzt war er noch weitergegangen: Zwischen Blumenthal und Motzen fuhr auch tagsüber keine Fähre mehr. 16 Tage ging das so. So einschneidend war noch keine Fahrplanänderung ausgefallen.
Die Fährstelle ohne Fährbetrieb beschäftigte nicht nur Pendler, sondern auch Parteien auf beiden Seiten des Weserufers. Politiker aus dem Bremer Norden und der Wesermasch forderten, dass die Fähren zwischen Blumenthal und Motzen zumindest stundenweise fahren – und dem Unternehmen in der Corona-Zeit finanziell geholfen wird, damit die Schiffe auch dann pendeln können, wenn sie gar nicht ausgelastet sind. Bettray sagte damals, sich über die Debatte zu freuen. Er wertete sie als einen Beleg dafür, wie wichtig die Fähren für die Menschen sind.
Wie der Fährchef die jetzige Entscheidung der Gesellschafter bewertet, dass das Unternehmen ohne finanzielle Hilfe auskommen soll, auf die er gehofft hat, ist unklar. Der Geschäftsführer ist momentan nicht erreichbar. Auskunft gibt stattdessen einer der Anteilseigner: Thomas Brückmann, Chef der Kreisverwaltung in der Wesermarsch und Vorsitzender des Aufsichtsrates der Fährgesellschaft. Er spricht davon, dass es der Verkehrsbetrieb aus eigner Kraft schaffen muss, die Folgen der Pandemie zu bewältigen, weil er noch Geld hat – und das Gesellschafterduo nicht.
Fährgesellschaft sucht nach Corona-Hilfsfond
Ihm zufolge wird zwar noch geprüft, ob es nicht irgendeinen Hilfsfonds für den Fährbetrieb gibt. Doch im Grunde, meint Brückmann, hat das Unternehmen erst seine Reserven aufzubrauchen. Auch Geschäftsführer Bettray hat von ihnen im Januar gesprochen. Er sagte, dass er sie nutzen musste, um die Ausfälle bei den Pendlern auszugleichen – und dass das in diesem Jahr nur noch bedingt möglich ist, weil ein Teil des Geldes nun mal aufgebraucht ist. So ein Jahr wie das vergangene, erklärte er, kann das Unternehmen nicht noch einmal überstehen. Jedenfalls nicht ohne Folgen.
Brückmann sieht das offensichtlich anders, vor allem weniger dramatisch. Nach seinen Worten muss niemand befürchten, dass die Fährgesellschaft ihr Personal oder den Fahrplan in diesem Jahr zusammenstreicht, damit es finanziell über die Runden kommen kann. Verändern wird sich trotzdem etwas: Die Ticketpreise ziehen an. Der Aufsichtsratschef sagt, dass es sich dabei allerdings um keine coronabedingte, sondern um eine turnusmäßige Erhöhung der Tarife handelt. Nach seiner Rechnung werden die Gebühren für die Fähren alle zwei Jahre angepasst, in der Regel nach oben.
Dass das Plus wegen der Pandemie in diesem Jahr deutlicher ausfallen könnte als in anderen Jahren, hält Brückmann für ausgeschlossen. Er nennt den Anstieg der Gebühren einen maßvollen Anstieg. Die neuen Preise kann er auf Anhieb nicht nennen. 2019 hatten diverse Pendlergruppen mehr zu zahlen, vor allem die Nutzer von Zehner- und Monatskarten. Mal ging es um zwei Euro rauf, mal um 50 Cent. Mehr bezahlen mussten sowohl Rad- als auch Kradfahrer. Brückmann geht davon aus, dass die erneute Tariferhöhung ab Mai greift.
Weitere Informationen
Die Folgen der Pandemie
Als Corona, Kontaktverbote und Homeoffice noch keine Themen waren, kam die Fährgesellschaft nach eigenen Angaben auf 7300 bis 8100 Autos, Lastwagen, Fußgänger und Zweiradfahrer tagsüber an jeder ihrer drei Fährstellen. Jetzt kommt sie noch auf etwas mehr als halb so viele Fahrzeuge und Passagiere.
Noch größer ist das Minus in der Nacht. Die Zahlen waren dreimal so hoch, wie sie jetzt sind. Bevor das Unternehmen den Fährbetrieb zwischen Blumenthal und Motzen vorübergehend einstellte, zählten die Crews an manchen Tagen rund 150 Pendler. Der Einschnitt in den Fahrplan brachte der Gesellschaft unterm Strich 45.000 Euro weniger Kosten.
Fahrplanänderungen hat es auch an den Fährstellen Vegesack-Lemwerder und Farge-Berne gegeben. Die Anzahl der Schiffe wurde zeitweise halbiert. Und statt im Zehn-Minuten-Takt fuhren sie im Pendelbetrieb. Für ein Teil der rund 100 Beschäftigten musste immer Kurzarbeit angemeldet werden. Zuletzt galt sie für 16 Beschäftige des Unternehmens.